Florenz: Eine Zeitreise in die Renaissance

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Ankunft in Florenz – der Stadt von Michelangelo Buonarotti. Als große Bewunderin seiner Kunst möchte ich die Stadt auf seinen Spuren entdecken. Der Maler, Bildhauer und Architekt Michelangelo gilt als Genie der Renaissance und schenkte der Welt 1504 eines ihrer schönsten Kunstwerke.

,,Und wahrlich! Wer dieses Werk geschaut hat, den sollte es nicht mehr nach irgend einem anderen Bildwerke verlangen[…]‘‘ – Giorgio Vasari

Ein perfekter erster Eindruck von Florenz bietet sich auf dem auf einer Anhöhe liegenden Piazzale Michelangelo. Von hier oben kann man nicht nur den Fluss und die zahlreichen Brücken überblicken, sondern auch die gesamte Altstadt mit dem mächtigen Dom im Zentrum. Die orange und ockerfarben erstrahlenden Häuser werden von leuchtend grünen Zypressen an sanften Hügeln umrahmt. Die gesamte Stadt ist ein Kunstwerk. Ich wünschte ich hätte einen Skizzenblock dabei, um die aufkommende Kreativität zu Papier zu bringen und die Bilder festzuhalten. Neben mir steht eine Malerin vor ihrer Leinwand, mit dem Gedanken bin ich also nicht allein. Die Zeit scheint still zu stehen wie in einem Gemälde. Auch über Michelangelo heißt es, er sei oft unterwegs gewesen um zum Beispiel die Fresken seiner Vorbilder Giotto und Masaccio abzuzeichnen.

Die Renaissance, die im 13. Jahrhundert als Wiederbelebung der Antike begann, erlebte ihren Höhepunkt während seiner Schaffenszeit zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Florenz als Wiege der Renaissance erweckt den Anschein, als hätte sich seitdem nicht sehr viel verändert. Die äußere Welt und die Gegenwart verblassen schnell.

Mit seiner marmorgeschmückten Fassade und majestätischen Kuppel ist der Dom eines der Wahrzeichen der Stadt. Ein beeindruckender Bau, jedoch nicht für jedermann. Tatsächlich ist die Bogengallerie am unteren Rand der Kuppel bis heute unvollendet, da sie Michelangelo der Legende nach verächtlich als Taubenschlag abgetan hatte. Selbst nach fast 500 Jahren nimmt die Stadt ihre Künstler offensichtlich sehr ernst. Ein Fresko im Inneren des Doms zeigt die Abbildung eines anderen Florentiner Künstlers – den Schriftsteller Dante vor einer mittelalterlichen Ansicht von Florenz. Da nichts Gegenteiliges bekannt ist möchte ich gerne glauben, dass Michelangelo vor diesem Fresko ebenso bewundernd innehielt wie ich es heute tue.

Die ersten Werke Michelangelos in Florenz kann man in seinem Wohnhaus betrachten, gleich um die Ecke im Stadtteil Santa Croce. Die Casa Buonarotti ist heute ein Museum und beherbergt unter anderem die Schlacht der Kentauren. Es ist ein unvollendetes Relief, das Michelangelo zwischen 1492 und 1493 während seiner Ausbildung in der Bildhauerschule in den Gärten der Medici erschaffen hatte.

Draußen ist es inzwischen dunkel geworden und die Stadt leuchtet wie im Fackelschein. Der schönste Blick über den Fluss und auf den Ponte Vecchio, die älteste Brücke von Florenz, bietet sich am Abend, wenn viele kleine Lichter das Ufer säumen. Die kleinen Hütten auf der Brücke gibt es schon seit Michelangelos Zeiten und noch heute wird darin Schmuck verkauft. Seitdem hat sich hier nur wenig verändert.

Mein Abendspaziergang führt mich noch einmal zurück zur Piazza Santa Croce. Am Vorabend hatte ich zufällig den Straßenkünstler David getroffen und wusste daher, dass er heute auf diesem Platz ein Konzert geben würde. Ich mache es mir also auf einer Bank gemütlich und erlebe eine der schönsten Nächte meines Lebens. Die Musik, die Lichter und die wohlige Wärme der Nacht verschmelzen zu einem magischen Moment. Das Konzert erlebe ich quasi in Anwesenheit Michelangelos, der in der Kirche Santa Croce beerdigt ist. Der Platz wird von Häusern gesäumt, durch deren Fenster schwere Kronleuchter und prachtvolle Deckenfresken zu erkennen sind. Wieder kommt es mir vor, als hätte sich das alte Florenz nicht verändert und würde stattdessen neben unserer Welt weiterexistieren.

Am nächsten Tag ist es endlich soweit, ich besuche die Galleria dell‘Accademia. In diesem Museum hat Michelangelos bedeutendstes Werk seinen Platz gefunden. Es fällt schwer, sich auf die Kunst in den ersten Räumen zu konzentrieren, eigentlich bin ich allein seinetwegen hier. Am Ende der letzten Halle, in einem extra für ihn errichteten Raum unter einer Kuppeldecke steht er – Michelangelos David. Sein Blick ist in die Ferne gerichtet, der Gesichtsausdruck stolz und überzeugt. Plötzlich fühlt sich der Raum viel zu klein und um viele Menschen zu voll an.

 

15 Antworten auf „Florenz: Eine Zeitreise in die Renaissance

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  2. Maria

    Dein Bezug zu Michelangelo im Speziellen und der florentinischen Kunst im Allgemeinen gefällt mir sehr gut. Es ist ein außergewöhntlicher Blick auf Florenz, den du da zeichnest und es macht mich richtig neugierig, die Kunstwerke auch mal live zu besuchen. Klar kennen wir alle den David aus Abblidungen, Reportagen usw, aber ich glaube sofort, dass es ein magischer Moment ist, vor der Statue zu stehen.
    Ein sehr schöner Artikel und sehr inspirierend.
    Viele Grüße
    Maria

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    1. Steffi

      Vielen Dank Maria, für Deine lieben Worte! Ich interessiere mich schon länger sehr für die Kunst der italienischen Renaissance und besonders für die Werke von Michelangelo. Den Ort, an dem er gelebt und gearbeitet hat zu sehen, und natürlich den David, war wirklich magisch. Ich wünsche Dir auf jeden Fall, dass Du diese Erfahrung auch machen kannst! Es ist zwar nicht das Original, aber im Victoria & Albert Museum in London steht eine Kopie des David, die man auch von der Galerie, also von oben, betrachten kann. Diese Perspektive fand ich auch sehr spannend 😉 Liebe Grüße, Steffi

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  3. ilona

    dass in Florenz Kirchen nicht fertig gestellt werden, ist ja gar nicht so ungewöhnlich. Der Dom hat seine Fassade ja erst im 19. Jahrhundert erhalten und San Lorenzo hat bis heute keine. Ungewöhnlich für eine Stadt, die so ein Gesamtkunstwerk ist, dass einzelne Kunstwerke einfach unvollendet bleiben.

    Von Mark Twain stammt ja der Satz, Italien sei nach Vorlagen von Michelangelo geschaffen worden…

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    1. ilona

      mein magischer Moment war übrigens, vor dem Mercurio Volante von Giambologna zu stehen. Ich denke, die Museumsaufsicht glaubte, ich hätte einen Anschlag darauf geplant, da ich 20min immer nur im Kreis um ihn herumschlich

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      1. Steffi

        Ja da hast Du Recht, aber irgendwie macht es die Stadt auch noch interessanter. Deine Faszination kann ich gut verstehen, manchmal fällt es sehr schwer sich wieder “loszureißen“. Ich finde das wunderbar, wenn uns Kunst so sehr fesseln kann 🙂

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      2. ilona

        es soll Menschen geben, die solche Sachen völlig kalt lassen. Eine Freundin ist nach einer Stunde wieder aus den Uffizien rausgekommen und wusste gar nicht, was die Leute da drin so lange machen 😀

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  5. Dagmar

    Toller Beitrag zu Florenz😊. Ich war vor ca 20 Jahren ebenfalls dort. Den Originalen David haben wir leider nicht betrachtet, Nur eine Kopie, die irgendwo stand. Dafür waren wir in den Uffizien, was sehr beeindruckend war.

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    1. Steffi

      Lieben Dank Dagmar! Stimmt, irgendwo sieht man den David immer, auch wenn es eine Kopie ist 😉 Die Galleria dell‘Accademia kann ich aber trotzdem nur empfehlen, da ist das Original ganz toll in Szene gesetzt! In den Uffizien war ich dann bei meinem zweiten Besuch auch und war auch sehr beeindruckt.

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